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Polittheater oder echter Kampf für Veränderung?

Polittheater oder echter Kampf für Veränderung?

Warum wählt die Mehrheit Parteien, die ihre wichtigsten Interessen verletzen?

Fotoausschnitt: Plakat aus dem niedersächsischen Landtagswahlkampf 2022. (Quelle: Eigenes Foto)Anklicken öffnet original Grafik in neuem Tab.Die realen Verhältnisse, untersucht auf Initiative der Süddeutschen Zeitung schon im Jahr 2021 (Quelle: statista.com, siehe Abschnitt 7 dieses Beitrags).
Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.
Erst muss es möglich sein auch armen Leuten
Vom großen Brotlaib sich ihr Teil zu schneiden.

(Bertolt Brecht, Dreigroschenoper)

Der geschäftsführende Bundesparteivorstand der LINKEN hat seit 2015 mit allen Mitteln verhindert, dass DIE LINKE das Thema „Steuern und Abgaben senken für die große Mehrheit“ prominent platziert und damit andere Parteien aussticht. Vorher hatte er seit 2009 Gegenwehr dagegen geleistet, in seinem Steuerkonzept die Niedrig- und Normalverdiener zu entlasten.
Ab 2017 war es dann aber mit 8 Jahren Verzögerung endlich überarbeitet: Mit dem Steuerkonzept der LINKEN wären geringe UND mittlere Einkommen stärker entlastet als mit dem Konzept jeder anderen Bundestagspartei. DIE LINKE hätte also die Kampagnen der sich als „Entlastungsparteien“ aufspielenden Sozialabbau-Parteien entlarven können. Wollte der Bundesparteivorstand der LINKEN die anderen Parteien tatsächlich niemals wirklich angreifen und auch keine Unterstützung eines großen Teils der Bevölkerung für sein politisches Angebot bekommen? Die hier vorgelegten Nachweise zeigen ganz genau in diese Richtung.

Es ist klar, dass CDU, FDP, SPD, GRÜNE, auch AfD usw. keine spürbare Entlastung für die Erwerbstätigen durchsetzen wollen. Denn dies würde auf der anderen Seite zu massiven Mehrbelastungen des deutschen Kapitals führen. Eine große Bevölkerungsmehrheit könnte ja ein freundschaftliches Verhältnis zum Steuerstaat zurück gewinnen und würde einsehen, dass man einen gewissen Teil zahlen kann, nur nicht so viel, wie die aktuelle Überbelastung ausmacht. Bei den wirklich Reichen und Mächtigen, vor allem den größten Konzernen, könnte dann mit Unterstützung der Bevölkerung ganz genau geguckt werden. Die öffentlichen Kassen könnten sich füllen, wie schon viele Jahre nicht mehr. Das wollen CDU, SPD usw. auf jeden Fall verhindern, um die Konkurrenzfähigkeit dieser großen Player im Weltmaßstab nicht zu gefährden.
Aber warum gönnt der Parteivorstand der LINKEN diesen Menschen – von Hilfsarbeitern bis zu einem großen Teil der Mittelschicht – ihre Entlastung nicht und will sie nicht zum Thema machen? Dies war Beschlusslage der LINKEN und die Forderung hätte hervorragend zur stets durch den Vorstand beschworenen Programmatik gepasst. Es könnten so viele unnötige Spaltungen in der Gesellschaft überwunden werden, zugunsten einem breiten Bündnis gegen die Reichen und Mächtigen.

Es soll hier selbstverständlich nicht nur um Klagen über die Vergangenheit gehen, sondern auch darum, wie echte Veränderung im Sinne der großen Mehrheit in Zukunft doch erstritten werden könnte.
1. Seit 2020 werden nicht nur Menschen mit niedrigsten Einkommen, sondern nun verschärft auch die Mittelschicht enteignet – Hartz IV -> Corona -> Wirtschaftskrieg

Die Politik der Bundesregierung verletzt seit Jahrzehnten die Interessen der meisten Bevölkerungsschichten, auch derer, die sie gewählt haben. Mit den Coronamaßnahmen seit 2020, den Reaktionen auf den Ukrainekrieg mit Militarisierungsschub, Wirtschaftskrieg und wegen der aus letzterem vor allem in Deutschland resultierenden massiven Teuerung hat diese bevölkerungsfeindliche Politik enorm an Vehemenz zugelegt.
Mit der Initiative für ein Heizungsgesetz steht auch schon der nächste Schritt an, von dem große Teile der Mittelschicht sehr negativ betroffen wären. Leidtragende wären vor allem diejenigen Menschen, die sich – noch – eine gewisse existenzielle Sicherheit mit einem Eigenheim schaffen konnten. In vielen Fällen droht ihnen, ihr Haus zu verlieren, weil sie sich die Modernisierungen in Höhe von teilweise sechsstelligen Euro-Beträgen nicht leisten könnten, die notwendig würden, wenn das Gesetz ganz wie ursprünglich durch den Bundestag beschlossen (und nun beim Bundesverfassungsgericht anhängig), bald doch verabschiedet würde. Diese Drangsalierung wäre aber nicht nötig: Es könnten nämlich ganz ohne Zwang mittelfristig Rahmenbedingungen geschaffen werden, die ermöglichen, dass immer mehr Hausbesitzer diese Technologie aufgrund ihrer Attraktivität nutzen, um unterm Strich nach verkraftbaren Investitionen von wenigen 10.000 EUR schon nach wenigen Jahren Geld zu sparen. Auf die Art und Weise, wie aber mit dem Heizungsgesetz der Einbau von Wärmepumpen „verordnet“ werden soll, droht das nächste massive Verarmungsprogramm. Die Politik folgt seit Jahrzehnten, nicht erst seit den Hartz-Gesetzen, aber seitdem verstärkt, einem Muster:
Die Mittelschicht wird zermahlen und ihre Besitztümer fallen wie reife Früchte reicheren Menschen in den Schoß.

Mit der Einführung von Hartz IV ab 2005 wurde der Druck nicht nur auf diejenigen erhöht, die schon lange erwerbslos waren und zu den ärmeren Menschen zählten: Menschen, die bis dahin noch ihr Wohneigentum behalten konnten, mussten es nun im Fall von Arbeitsplatzverlust, schon nach kurzer Zeit der Erwerbslosigkeit in den ALG-II-Bezug – also auf Sozialhilfeniveau – fallend statt mit Arbeitslosengeld I, oft per Zwangsversteigerung verkaufen. Dieser Prozess hat seit 2005 gewirkt und unsere Gesellschaft verändert.
Im Zuge der Corona-Maßnahmen mit Lockdowns und „2 G“-Regelungen, unter anderem um den Impfzwang durchzusetzen, wurden viele kleine Selbständige und ihre Angestellten ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlagen beraubt. Mit den politischen Entscheidungen seit 2022, dem Wirtschaftskrieg als Antwort auf den Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine, massiver Inflation, der Verteuerung vor allem von Energie und der drohenden Abwanderung großer Industriebetriebe, droht eine noch weitergehende Verarmung breiter Schichten.

Die Partei DIE LINKE stellte sich weder den Corona-Maßnahmen, die Vermögen von unten nach oben umverteilten, in den Weg, noch dem seit 2022 entfesselten Wirtschaftskrieg und vertritt auch zum drohenden Heizungsgesetz der Ampel keine klare oppositionelle Haltung.

Als oppositionelle Kraft klar erkennbar war DIE LINKE für die Mehrheit zuletzt mit ihrer Positionierung auf Bundesebene gegen die Hartz-Gesetze. Aber auch in diesen Jahren gehörte sie wegen ihrer Regierungsbeteiligung in den Ländern und LINKER hoher Verwaltungsbeamten in den Kommunen vor allem im Osten schon zu denjenigen, die die Hartz-Gesetze vor Ort umsetzten. Trotz der üblichen Lippenbekenntnisse der LINKEN auf Bundesebene erschien die Politik der Bundesregierung also unterm Strich als alternativlos.

Aber worin besteht denn die Alternativlosigkeit bzw. das Gefühl davon? Warum können Parteien, die Politik gegen die Interessen der großen Bevölkerungsmehrheit machen, seit Jahrzehnten gewählt werden, die Regierung stellen und die Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft bestimmen? Warum wird DIE LINKE so, wie sie ihre Alternativvorschläge unterbreitet, nicht ernstgenommen? Wie diese absurde Situation zu erklären ist und um einen Vorschlag zum Gegensteuern, nachdem seit Jahrzehnten schon so viel schiefgelaufen ist, soll es in diesem Artikel gehen.


2. Überlastung der Mehrheit und trotzdem leere öffentliche Kassen – die seit Jahrzehnten bestehende Misere in ihrer bedrückenden Gesamtschau.

Seit einigen Jahrzehnten wird die große Masse der Bevölkerung durch zu hohe Lohn- bzw. Einkommensteuern massiv überbelastet. Der Fiskus besteuert sogar das Existenzminimum und füllt seine Kassen mit Steuergeld, das Geringverdiener am wenigsten, aber auch alle anderen Menschen, abgesehen von Spitzenverdienern, nicht entbehren können. Das hat sogar das Bundesverfassungsgericht zu Beginn der 90er Jahre festgestellt. Alles, was in dieser Beziehung seitdem durch Bundesregierungen unverändert weiter betrieben wurde, ist zwar, dank juristischer Tricks, nicht im engsten Wortsinn verfassungswidrig; aber es wird spätestens seit 1996 gegen die Intention eines einschlägigen Urteils des Bundesverfassungsgerichts absichtsvoll weiter betrieben. Hierzu folgen vertiefende Fakten in Abschnitt 6. Zunehmend größere Teile der Bevölkerung können kaum noch Reserven für schwierige Lebenssituationen aufbauen, etwa für selbst bestimmte Fortbildung, Reparaturen am Eigenheim usw.

Angemessene Beiträge zu Steuern und Sozialversicherungen statt der vorsätzlichen Überbelastung würde für die große Mehrheit bedeuten: Je nach Einkommensniveau 1.000 bis maximal sogar 2.500 EUR jährlich mehr auf dem Konto zur eigenen freien Verfügung zu haben. Dieses enorme Entlastungspotential, von dem die breite Bevölkerung profitieren könnte, ließ sich am Steuerkonzept der LINKEN seit 2017 ablesen und wäre als Verbesserung des eigenen Kontostands deutlich zu spüren.

Umgekehrt wird die Bevölkerung aber seit vielen Jahrzehnten durch die eigene Überlastung mit Steuern und Abgaben dazu verführt, Parteien zu wählen, die ständig Steuerentlastungen versprechen oder gegen die Sozialversicherungen polemisieren wie vor allem FDP, CDU und AfD, aber auch SPD und B90/GRÜNE. So konnten alle Bundesregierungen mindestens der letzten vier Jahrzehnte Entlastungen in vielfacher Milliardenhöhe für sehr reiche Menschen durchsetzen. Auf große Vermögen und große Unternehmen waren die Entlastungsprogramme zugeschnitten, während die große Mehrheit überbelastet blieb. So blieb für diese Mehrheit ebenso lange der Anreiz bestehen, Parteien zu wählen, die von Entlastung sprechen und öffentliche Leistungen systematisch abbauen. Zum Schaden der großen Mehrheit! Aber zum Nutzen des deutschen Imperialismus in der internationalen Konkurrenz. Mehr dazu im letzten Abschnitt dieses Beitrags.


3. Was hängt alles an der zu niedrigen Besteuerung der Reichen, also des Kapitals?

Was resultiert aus den oben erwähnten Mechanismen? Die gewaltigen Steuergeschenke vor allem für eine kleine superreiche Minderheit haben fatale Folgen für die große Mehrheit. Denn leere öffentliche Kassen verursachen

  • Stellenabbau, Lohnverluste und Leistungsstress im öffentlichen Dienst. Dadurch können die privaten Arbeitgeber Löhne immer weiter drücken und durch Arbeitsverdichtung immer mehr aus den Arbeitnehmern herausquetschen. Dies schwächt bekanntermaßen auch die Kampfkraft der Gewerkschaften, in öffentlichen und in privaten Betrieben.
  • Sinkende Servicequalität bei öffentlichen Dienstleistungen. In der öffentlichen Daseinsvorsorge nimmt das Spardiktat von Jahr zu Jahr weiter zu. Die Folge: Pflegenotstand, „Fachkräftemangel“ im ÖPNV, um nur zwei aktuelle Beispiele zu nennen.
  • Immer mehr Zuzahlungen bei öffentlichen Dienstleistungen z.B. in Form von Krankenhausgebühren, notwendigen Zusatzversicherungen, Verwaltungsgebühren, steigenden Eintrittspreisen für öffentliche Einrichtungen und weitere Abgaben, mit denen sich z.B. Kommunen trotz zu geringer Mittelzuweisungen von Bund und Ländern über Wasser halten wollen.
  • Galoppierende Mieten in großen Städten und ihrem Umfeld, weil öffentliche Wohnungsgesellschaften privatisiert worden sind, um öffentliche Kassen zu sanieren und aktuell ebenfalls aufgrund leerer öffentlicher Kassen kaum noch öffentlicher Wohnungsbau möglich ist.
  • Sinkende Renten, sprich: wachsende Altersarmut, weil die Rentenformel immer weiter verschlechtert wird, damit aus immer schlechter gefüllten Rentenkassen angeblich dem Umlagesystem entsprechende Auszahlungen getätigt werden können.

Die Aufzählung ließe sich für alle Lebensbereiche wie Feuerwehr und Katastrophenhilfe, Straßenbau und Schienennetz, Bildung, Jugendhilfe, Fürsorge für Menschen, die – ob wegen Alters oder Krankheit – Unterstützung benötigen, öffentliche Schwimmbäder, Museen und andere kulturelle Orte nahezu unendlich fortsetzen.


4. Polit-Theater statt echtem Kampf für Veränderung.
Findet es statt, weil eine ultimative Konfrontation mit dem Kapital gemieden wird?

(Zur Handhabung dieses Beitrags: Jede orange und auch jede gelb hervorgehobene Zwischenüberschrift kann angeklickt werden, um einen ausführlicheren Inhalt „auszuklappen“ bzw. wieder „einzuklappen“.)

Das im vorigen Abschnitt 3. Dargestellte, nämlich die über Jahrzehnte fortschreitende Zerstörung der Infrastrukturen, die die große Mehrheit für ein gutes Leben bräuchte, ist nichts Neues und auch die alte Partei DIE LINKE hat immer vertreten, dass es hier Veränderungen zurück zum Besseren geben muss und kann. Das konnte von der Masse der Bevölkerung aber nur als leeres Versprechen wahrgenommen werden, weil man der LINKEN nicht zutraute, es überhaupt umsetzen zu wollen, geschweige denn zu können – denn, wie der Volksmund es ausdrückt: „Wo soll denn das nötige Geld herkommen?“ Mit jedem Mal, wenn diese Partei und ihre Gliederungen auch noch vor Widerständen zurückschreckte und es nicht wagte, im Gegenwind der veröffentlichten Meinung stabil ihre Position zu halten, traute man ihr immer weniger zu. DIE LINKE warf nahezu alles für Regierungsbeteiligungen mit SPD und Grünen über Bord.

In den letzten Jahren musste die Bevölkerung immer wieder sehr krass erfahren, wie wenig Mut zu entschlossener Opposition DIE LINKE hatte:


– Vermeidung allzu scharfer Kritik an der EU

DIE LINKE war zu keiner radikalen Kritik an der gegen die Bevölkerungen Südeuropas praktizierten Verelendungspolitik in der Lage, welche die Mainstreammedien der deutschen Bevölkerung auch noch unter dem irreführenden Namen „EU“-Rettungsschirme präsentierten. Real wurden ja deutsche Steuergelder in die Banken dieser Länder gepumpt, damit sie Außenstände bei den europäischen Großbanken wie der Deutschen Bank, Unicredit usw. ausgleichen sollten. Genau deren Gläubiger, darunter beispielsweise die reichsten Menschen Deutschlands, hatten sich ja eigentlich verspekuliert und hätten ihr Geld eigentlich schlicht abschreiben müssen. Die von den Regierungen Südeuropas erzwungene Gegenleistung für diese „Rettungspakete“ war im Rahmen von „Memoranden“ die Akzeptanz politischer Vorgaben, welche den Lebensstandard der Bevölkerungsmehrheiten in diesen Ländern senkten. In der LINKEN und ihrer Bundestagsfraktion blieb es alleine Sahra Wagenknecht vorbehalten, die EU so scharf zu kritisieren, dass sie darauf hinwies, dass man den betroffenen Menschen nicht vorwerfen dürfe, wenn sie die EU ablehnten. Sie forderte, diejenigen, die mit ihrer Politik an den Schaltstellen der Macht in der EU die Missstände verursachten, sollten diese bevölkerungsfeindliche Politik beenden, damit die Bevölkerung sich nicht zunehmend von der EU abwende. Der Parteivorstand der LINKEN aber beschwor gemeinsam mit den Mainstreammedien den angeblich hohen und grundsätzlichen demokratischen Wert der EU, verklärt als „Europa“. Dieser Wert dürfe nicht durch zu scharfe Kritik gefährdet werden. DIE LINKE fand sich im „demokratischen Block“ wieder, gemeinsam mit SPD, CDU, GRÜNEN und FDP vereint gegen die AfD. So wurde Opposition gegen die herrschende EU-Politik alleine der AfD überlassen, die daher ungehindert dafür sorgen konnte, dass jegliche breit wahrnehmbare EU-Kritik rassistisch aufgeladen war.


– Totalausfall der LINKEN als Opposition während der Zeit der Corona-Maßnahmen ab 2020

Noch unübersehbarer trat die Unfähigkeit der LINKEN zu Opposition in der Zeit der Corona-Maßnahmen der Bundesregierung ab 2020 zu Tage. Die Partei DIE LINKE setzte sich nicht für die maßnahmenkritische Bewegung ein und auch noch nicht einmal für eine gelebte Demokratie, die einen offenen Debattenraum benötigt. Die Bewegung agierte vor allem im Interesse einer abstiegsgefährdeten Mittelschicht, aus der sich auch sehr viele Personen aktiv an den Protesten beteiligten. Statt diese Bewegung zu unterstützen, stimmte DIE LINKE nicht nur in den Chor von Politik und Medien ein, der jegliche organisierte Kritik an den Maßnahmen als „rechts“ und rückständig einordnete. DIE LINKE war zusätzlich Stichwortgeberin für eine gesellschaftliche LINKE, die vielerorts als militanter Stoßtrupp auftrat, der jegliche Veranstaltung dieser Bewegung zu verhindern versuchte. Viele Menschen, die sich in der Zeit der Coronamaßnahmen politisierten, haben DIE LINKE und ihr Umfeld als gewalttätige Kraft, die gemeinsam mit der Bundesregierung undemokratisch agiert, kennen gelernt. Als einzige relevante Opposition, die ihr Anliegen unterstützte, haben diese Menschen die AfD wahrgenommen.


– Verlust einer Antikriegsposition angesichts der Konfrontation zwischen dem Westen und Russland bei der Ukraine

Im Zusammenhang mit der Konfrontation des Westens mit Russland im Konflikt um die Ukraine hat DIE LINKE ihre Antikriegsposition nicht erst seit Februar 2022 fallen lassen. Schon im Jahr 2014, als die in Richtung der EU ausgerichtete neue Regierung mit Gewalt und wesentlicher Unterstützung durch die Faschisten von Azov-Bataillon und Rechtem Block an die Macht kam und zielstrebig die Rechte der ethnischen Minderheiten auf ukrainischem Boden abschaffte, übernahm DIE LINKE nicht die Aufgabe einer antimilitaristischen Opposition.

Nachdem Russland am 24. Februar 2022 einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen hatte, stellte sich die Partei DIE LINKE der Dämonisierung Russlands und vor allem des russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht in den Weg. Dadurch konnte DIE LINKE auch gegen das westliche Narrativ, mit der russischen Seite könne nicht verhandelt werden, keinen wesentlichen Widerstand leisten. Sie ließ den breiten oppositionellen Teil der Bevölkerung, der eine diplomatische Lösung des Konflikts und Kompromissbereitschaft des Westens forderte, dadurch im Stich. Daher konnte diesen Bevölkerungsteilen gegenüber stattdessen die AfD als scheinbare Opposition und Friedenspartei auftreten.


Parteivorstand der LINKEN wollte Entlastungsforderungen nicht zum wahrnehmbaren Wahlkampfthema werden lassen

Man wollte der Bevölkerung die zum eigenen Wahlprogramm gehörenden sehr attraktiven Entlastungsforderungen auf keinen Fall prominent vorstellen. Bei dieser oben schon kurz erwähnten hartnäckigen Weigerung wird die Haltung und Strategie der LINKEN, die hinter ihrem Handeln steht, besonders gut in ihrer Qualität mit sehr tiefsitzenden Ursachen deutlich.

Denn da, wo jemand widersprüchliches Handeln nicht begründen kann und noch nicht einmal eine Begründung versucht, sondern er lediglich hofft, dass möglichst wenig Menschen bemerken, was er da tut, muss nach der wahren Ursache auf einer ganz anderen Ebene gesucht werden.

Der Parteivorstand und der „Apparat“ der LINKEN, der die Kontrolle über die tatsächliche Umsetzung von politischen Beschlüssen hatte, wollten auf keinen Fall zulassen, dass die Partei mit der breit in die Bevölkerung gestreuten Information für sich wirbt, mit ihrem Steuerkonzept für die große Mehrheit höhere Entlastungen vorzusehen als alle anderen Bundestagsparteien.

Das ging so weit, dass er im Jahr 2017 nur für die interessierte Mitgliedschaft eine Kampagne „DIE LINKE lohnt sich“ fingierte. Dazu beauftragte er – wahrscheinlich mit Unkosten verbunden – Comiczeichner, ließ Fachleute umfangreiche Berechnungen anstellen, um exemplarische Tabellen zur Entlastung verschiedener Familienkonstellationen zu entwickeln und ließ eine Kampagnenseite aus einem Guss erstellen.
Diese Internetseite wurde nicht besonders gefeatured oder intensiv in sozialen Medien verbreitet. „DIE LINKE lohnt sich“ war nur sehr kurz, lediglich entsprechend der Logik des Homepage-Scripts auf der Startseite von die-linke.de sichtbar, um kurz danach nur noch schwer auffindbar zu sein. Dank einer Sicherungskopie im Internet-Archiv kann man auch heute noch sehen, wie diese „Kampagnenseite“ für Homepage-Besucher nur über ein Untermenü dritter Ordnung (Themen -> Umverteilen -> DIE LINKE lohnt sich!) auffindbar war. Es wurde nie auch nur ein einziges Blatt Papier mit den Aussagen dieser „Kampagne“ gedruckt. Offenbar wich der Apparat mit dieser Simulation einer Kampagne dem Druck der Diskussion im erweiterten Parteivorstand aus, wo von verschiedenen Seiten auf die niedersächsische, eigentlich auf die Bundesebene zielende Kampagne „Das rechnet sich!“ hingewiesen und dazu aufgefordert wurde, inhaltlich entsprechend auch als Bundespartei in die Offensive zu gehen.

Vier Jahre später ignorierte der Parteivorstand und Apparat sogar einen ausdrücklichen und nahezu einstimmig gefassten Beschluss (eine dringliche Empfehlung) des Bundesausschusses der LINKEN vom 19. September 2020, endlich im Bundestagswahlkampf 2021 den Kreisverbänden Massenmaterial zum Entlastungsthema zur Verfügung zu stellen.

Wahlkampftaktisch muss es unlogisch erscheinen, dass DIE LINKE, wenn sie zu dem Thema „Steuerkonzept“ öffentlich aktiv wird, stets nur die notwendigen Steuererhöhungen für Reiche thematisiert, nicht aber die Maßstäbe setzenden durch DIE LINKE vorgesehenen Entlastungen bei Steuern und Abgaben für die übergroße Mehrheit betont. Denn Steuererhöhungen für Reiche werfen in der Gesamtbevölkerung regelmäßig die Frage auf, ob nicht auch Menschen mit mittleren Einkommen Nachteile erleiden würden. Mit der Betonung der Entlastungen könnte DIE LINKE nicht nur die Bedenken in der Bevölkerung zerstreuen, sondern direkt zum Angriff auf die anderen Bundestagsparteien übergehen, die in der Öffentlichkeit umso mehr verlieren würden, je mehr sie versuchen würden, zu widersprechen und sich damit auf das Thema einlassen müssten. Die Entlastungsforderungen der LINKEN, wie sie die Mitgliederbasis seit 2014 auf dem Weg durch die Gremien als Einkommensteuerkonzept durchgesetzt hat, sind wasserdicht begründet.

Wo sich Presseorgane wie die F.A.Z., Süddeutsche Zeitung usw. mit diesem Konzept und den Entlastungsforderungen der LINKEN auseinandergesetzt haben, stand nicht nur DIE LINKE in einem glänzenden Licht da, sondern es lief auch auf scharfe Kritiken an den anderen Parteien wie z.B. „Steuerbetrug“ hinaus. Da diese Fakten verdienen, im Detail betrachtet zu werden und wahrscheinlich nicht so eben mal „geglaubt“ werden, widmen wir uns dem noch ausführlicher in den untenstehenden Abschnitten 6. und 7.

Auch aktuell, im Sommer 2023, findet eine Kampagne der LINKEN „Holen wir uns den Reichtum zurück!“ statt. Es ist natürlich notwendig, Geld von den Reichen zu holen. Und auf dem Weg gibt es Klippen und Untiefen. Aber warum dann nicht den Treibstoff nutzen, den man mit dem Entlastungsthema tanken könnte?

Angesichts dieser Fakten kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Apparat der Partei DIE LINKE nur so tun möchte, als wenn er um die Durchsetzung seiner Forderungen nach höherer Besteuerung der Reichen kämpfen würde.

Hier ein Versuch der Erklärung: Wenn man tatsächlich die Unterstützung der Bevölkerung hätte, dann müsste man ernst machen gegenüber dem Kapital, also den Mächtigen unserer Gesellschaft. Man hätte dann ja die Wahlprozente und damit zunehmend die parlamentarische Macht, um Druck für ihre stärkere Besteuerung zu machen.

Es würde eine Eskalation folgen: Das Kapital würde drohen auszuwandern. Man müsste als politische Kraft dann sagen, wie man darauf antworten möchte. Die notwendige Antwort wären Kapitalverkehrskontrollen, mit denen man sich dann im Detail befassen würde. Das würde die Gegenseite sehr sauer machen und sie würde tiefer in die Tasten greifen.

Wahrscheinlich, um das nicht am eigenen Leib erleben zu müssen, wollen die an prominenter Stelle verantwortlichen Personen der LINKEN offenbar lieber an dem Punkt hängen bleiben, dass man vergeblich um die Unterstützung der Bevölkerung kämpfe, sie aber nicht erhalte, weil die Leute die Notwendigkeit des linken Programms in seiner Gesamtheit „leider nicht verstehen“.

So lässt sich die ultimative Eskalation im Konflikt mit dem Kapital vermeiden. Es hat ja schon die SPD und nach ihr haben es die Grünen gezeigt, wie es geht, nur Theater zu spielen, welches die Mächtigen zulassen, weil ihr Reichtum nicht ernsthaft angegriffen wird. So findet man als politische Klasse ein Auskommen, ohne persönliche oder gesundheitliche Nachteile zu erleiden. SPD und auch die Grünen (aber erst nach Petra Kelly) haben es vorgemacht, dass das möglich ist (man also nicht ins „Fadenkreuz“ gerät), man bei dem Theater durch die Medien unterstützt und von der Bevölkerung gewählt wird. Das strebt DIE LINKE offenbar auch an und daher hat der Apparat alles getan, um nicht von der Masse der Bevölkerung getragen, sondern lieber vom Kapital und seinen Medien hofiert zu werden.

Für eine neue politische Formation, die vielleicht im Laufe des Jahres 2023 aus dem Umfeld von Sahra Wagenknecht heraus entstehen könnte, kommt es nun darauf an, dass sie nicht wieder vor der Hürde einer ultimativen Konfrontation mit den Mächtigen unserer Gesellschaft scheut. Wenn diese Konfrontation aus Angst vor den Instrumenten der Mächtigen nicht möglich sein sollte, kann es niemals Verbesserung geben. Dann sollte man sich als Mensch, der an echten Verbesserungen der Lebensumstände für die breite Bevölkerung interessiert ist, das Polit-Theater schenken. Denn dann wäre die Politik, wie sie seit Jahrzehnten gegen die Interessen der großen Mehrheit stattfindet, tatsächlich alternativlos.


5. Die Chance die Machtfrage zu stellen, sollte jetzt genutzt werden

Als neue linke Kraft könnten wir zwei gewichtige Pluspunkte gegenüber der alten Partei DIE LINKE nutzen:

  • Wir wagen es, Positionen zu beziehen, die uns unser Verständnis für die Sorgen unserer MitbürgerInnen, überprüfbare Vorgaben, unsere Verantwortung für unsere Republik, unser gesunder Menschenverstand und unser Gewissen nahelegen, auch wenn wir Ziel von Gegenkampagnen werden und man versucht, uns als „rechts“ zu bezeichnen: Wir halten argumentativ dagegen und gewinnen an Glaubwürdigkeit.
  • Als „Opener“ zu unserem steuer- und sozialpolitischen Programm können wir mit einer vorgesehenen Verbesserung der privaten Haushalte der großen Mehrheit um rund 2.000 EUR/Jahr beweisen, dass unsere Vorschläge finanzierbar sind. Rund 2.000 EUR ist die Entlastung schon für Haushalte von Alleinstehenden. Es handelt sich bei „rund 2.000,- EUR“ um die Angabe einer Größenordnung. Der tatsächliche konkrete jährliche Betrag ergibt sich natürlich individuell, je nach Einkommen und nach aktuellem Gesetz schon zu zahlenden Abgaben. Er ist für Alleinstehende ersichtlich aus der Tabelle auf www.dasrechnetsich.org. Für Familien springt sogar ein Mehrfaches heraus. Mit diesem Vorschlag unsererseits legen wir gleichzeitig den verdeckten Steuerbetrug aller anderen Bundestagsparteien offen und fordern diese auf ihrem vermeintlich starken – bei CDU und FDP sogar vermeintlich stärksten! – Fachgebiet heraus. Die uns bisher bekannten Veröffentlichungen der Mainstream-Medien bestätigen ausnahmslos die Solidität des Konzepts (siehe Absatz unten „Mainstreammedien gewinnen Erkenntnis …“).

Allen eingangs in Abschnitt 2 und 3 aufgezählten Missständen sagen wir so den Kampf an. Wir greifen die seit Jahrzehnten üblichen Bevorzugungen einer kleinen reichen Minderheit an, damit es uns allen besser geht.


6. Etwas Expertise zur Fundierung: Überbelastung der großen Mehrheit – seit 1996 unterlaufen alle Bundesregierungen absichtsvoll ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Damit unsere Kampfansage aus dem vorigen Abschnitt nicht nur heiße Luft ist, sondern klar ist, dass wir keine öffentliche Auseinandersetzung darüber fürchten müssen, sollen im Folgenden einzelne Punkte mit Nachweisen, Analysen und auch Beispielen hinterlegt werden.

Im Jahr 1992 stellte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Verfassungswidrigkeit des deutlich zu niedrigen Grundfreibetrags der Einkommensteuer im deutschen Steuerrecht fest. Dieser Grundfreibetrag hatte bis dahin nicht im Geringsten etwas mit dem Existenzminimum von Erwerbstätigen zu tun, was er aber vorgab, zu sein. In dem Urteil vom 25.09.1992, unter Randnummer 58, teilt das BVerfG mit: „Zum sozialhilferechtlichen Mindestbedarf zählt § 23 Abs. 4 Nr. 1 BSHG auch den Mehrbedarf für Erwerbstätige, der den mit der Erwerbstätigkeit verbundenen Aufwand abdecken, aber auch den Willen zur Selbsthilfe fördern soll. Dieser Mehrbedarf ist durch die Abziehbarkeit des erwerbsdienlichen Aufwands – der Werbungskosten oder Betriebsausgaben – nicht gedeckt. Diese Aufwendungen sind abziehbar, soweit sie durch die Erwerbstätigkeit veranlaßt sind und keinen ins Gewicht fallenden Bezug zum privaten Bereich aufweisen. Demgegenüber soll der Mehrbedarf nach § 23 Abs. 4 Nr. 1 BSHG die durch die Erwerbstätigkeit bedingten erhöhten privaten Bedürfnisse abgelten […].“ (Anmerkung: BSHG = Bundessozialhilfegesetz; Quelle für den Urteilstext https://lexetius.com/1992,419#58, Hervorhebung in Fettdruck war nicht im Original)

So exakt und unausweichlich drückte sich das Gericht im Jahr 1992 also aus: Es geht beim Mehrbedarf um die durch die Erwerbstätigkeit erhöhten privaten Bedürfnisse wie zusätzliche Kosten von Erwerbstätigen für Ernährung, Mahlzeiten außer Haus, Körperpflege, Kleidung, Kontaktpflege und Bedürfnisse des täglichen Lebens; sie sind also sehr klar unterscheidbar von den sogenannten „Werbungskosten“, die nämlich im Gegenteil durch Erwerbstätigkeit bedingte Mehraufwendungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit sind.

Abschließend teilte das Gericht unter Randnummer 82 mit: „Bis zu einer Neuregelung bleiben die für verfassungswidrig erkannten Regelungen weiter anwendbar. Der Gesetzgeber ist jedoch verpflichtet, mit Wirkung vom Veranlagungszeitraum 1996 an die verfassungswidrige durch eine verfassungsgemäße Regelung zu ersetzen. […]“ (https://lexetius.com/1992,419#82)

Heute, im Jahr 2023, berechnet sich der Grundfreibetrag der Einkommensteuer, also das steuerliche Existenzminimum von Alleinstehenden, jedoch laut Existenzminimumbericht der Bundesregierung (https:// www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Steuern/14-existenzminimumbericht.pdf) folgendermaßen:

Regelbedarf des Bürgergelds (502 EUR) + 319 EUR Bruttokaltmiete + 88 EUR Heizkosten = 909 EUR/Monat, also 10.908 EUR/Jahr.

Es werden also auch aktuell 0 EUR/Jahr für den Mehrbedarf für Erwerbstätigkeit berücksichtigt. Wie kann das sein? Ist das nicht verfassungswidrig? Nein! Denn:

Die Anweisung des Bundesverfassungsgerichts wurde durch die Bundesregierung ab dem Jahr 1996 durch einen Trick zum Schaden der Erwerbstätigen unterlaufen. Der vorher im Bundessozialhilfegesetz (BSHG) „Mehrbedarf“ genannte Betrag wurde dort in einen Freibetrag vom Einkommen umbenannt und dadurch entgegen dem Willen des BVerfG der Berücksichtigung für das steuerliche Existenzminimum komplett entzogen, ohne dies im Gesetz wieder zu heilen.
Heute heißt der Betrag im § 11b Sozialgesetzbuch II „Absetzbeträge“ vom Einkommen. Diese können für Alleinstehende monatlich bis zu 300 EUR sein. Auch sie bleiben für den Grundfreibetrag der Einkommensteuer vollständig unberücksichtigt.

Als im Bundestag dieser Coup eingestielt wurde, beschwerte sich der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Joachim Poß noch in der Plenardebatte am 27. Mai 1993: „Die Behandlung des Mehrbedarfs von Erwerbstätigen als Zuschlag oder als Freibetrag vermag doch an der objektiven Höhe des Existenzminimums nichts zu ändern.“ Trotzdem wurde der Mehrbedarf/Freibetrag seit 1996 besteuert. Seit fast vierzig Jahren behandeln alle Bundesregierungen Erwerbstätige steuerlich so, als wären sie erwerbslos.

[Die obigen Ausführungen sind unter anderem auszugsweise einem Flugblatt von 2014 entlehnt. Dessen Verbreitung hatte einen wichtigen Beitrag zum Umdenken in der LINKEN und im DGB geleistet:
http://klartext-info.de/alt/flugblaetter/Mindestlohn_kampagne_steuerfrei.pdf]

Nachdem ab dem Jahr 2014 in der Mitgliedschaft der LINKEN eine intensive Aufklärung über diese mutwillige Beschädigung der Interessen der Erwerbstätigen stattgefunden hatte, beschlossen die Delegierten des Bundesparteitags 2015 in Bielefeld gegen die ausdrückliche Ablehnungsempfehlung des Parteivorstandes und seiner Experten die massive Erhöhung des Grundfreibetrags der Einkommensteuer, formuliert als Forderung nach „Steuerfreiheit jedes gesetzlichen Mindestlohns“.

Im Jahr 2016 forderte DIE LINKE infolge des 2015er Beschlusses einen Grundfreibetrag von 12.600 und – unseres Wissens aufgrund ähnlicher Aufklärung – der DGB einen von 11.000 EUR pro Jahr statt dem damals im Einkommensteuergesetz stehenden von unter 9.000 EUR! Auch der Bundesvorstand des DGB lehnte noch ein Jahr vorher die Forderung nach massiver Erhöhung des Grundfreibetrags der Einkommensteuer ausdrücklich ab. Er sah wie DIE LINKE bis dahin – offenbar entsprechend dem zwischen ver.di und Attac ausgehandelten Konzept einer „Solidarischen Einfachsteuer“ – in seinen Konzepten lediglich eine Erhöhung auf 9.300 EUR vor.

Das änderte der DGB schlagartig in seinen Veröffentlichungen im Jahr 2016 mit der Forderung von 11.000 EUR als Grundfreibetrag der Einkommensteuer.
Dieser Trend hat sich fortgesetzt. Im Jahr 2023 teilt für den Bundesvorstand des DGB sogar seine Vorsitzende der Presse, gemeinsam mit der Forderung nach einem höheren Spitzensteuersatz, mit: „[…] der steuerliche Grundfreibetrag, also das Einkommen, bis zu dem keine Steuer gezahlt werden muss, sollte demnach auf 14.500 Euro angehoben werden.“ (Tagesschau vom 7.8.2023)


7. Mainstreammedien gewinnen Erkenntnis aufgrund des zugespitzten Steuerkonzepts der LINKEN: „Der große Steuerbetrug“ – „Die Mitte profitiert am wenigsten von der Union.“

Nachdem DIE LINKE aufgrund der Entscheidung ihres Bundesparteitags von 2015 ihr Steuerkonzept grundlegend überarbeitet hatte, gab es in dem Moment, dass die Mainstreammedien sich mit dem Thema befassten, unserer Kenntnis nach ausschließlich positive Reaktionen.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) titelte 2017 in einem ausführlichen Kommentar „Der große Steuerbetrug“. Damit meinte sie alle anderen Parteien außer der LINKEN, lobte DIE LINKE für ihre Klarheit und beschwerte sich über die anderen Parteien, dass sie die Steuerpolitik „nach links außen“ delegierten. https://web.archive.org/web/20170515023600/https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/kommentar-der-grosse-steuerbetrug-15014510.html

2021 wurde eine von der Süddeutschen Zeitung in Auftrag gegebene Studie veröffentlicht, in welcher die Einkommensteuerkonzepte der Bundestagsparteien verglichen wurden. Das Ergebnis wurde auf dem Portal statista.com veröffentlicht und visualisiert (Originalgrafik siehe unten). Hier sprang die zentrale Aussage ins Auge, dass die Konzepte von CDU und FDP für „die Mitte“ die geringsten und das Konzept der LINKEN deutlich höhere und auch insgesamt die höchsten steuerlichen Entlastungen bringt.


Quelle: Vollständige Originalgrafik von https://de.statista.com/infografik/25282/veraenderung-der-jahreseinkommen-durch-die-vorschlaege-der-parteien/


8. Weitere Entlastungen durch Korrekturen bei den Sozialversicherungen

Der eingangs erwähnte Betrag von rund 2.000 EUR pro Jahr als Entlastung ergibt sich in Summe aus der steuerlichen Entlastung und einer grundlegenden Korrektur bei der Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge. „Rund 2.000 EUR pro Jahr“ ist natürlich nur eine größenordnungsmäßige Angabe. Der tatsächliche Entlastungsbetrag ergibt sich individuell je nach Bruttoeinkommen und überhaupt schon gezahlten Abgaben und kann maximal rund 2.500 EUR sein (Berechnungen dazu gab es zuletzt im Jahr 2017, siehe www.dasrechnetsich.org). Für den Anteil „Sozialversicherungen“ geht es um sämtliche gesetzlichen Sozialversicherungen, also die Kranken- und Pflegeversicherung, die Renten- und die Arbeitslosenversicherung.

Mit der Unterstützung der großen Mehrheit, die davon deutlich spürbar profitieren würde, soll das Prinzip durchgesetzt werden, dass alle Einkommensbezieher von ihrem gesamten Einkommen den gleichen Prozentsatz in diese Kassen einzahlen. Dieser Prozentsatz kann dann in vielen Fällen, wie z.B. bei der gesetzlichen Krankenversicherung (gKV), gesenkt werden.

Denn wenn auch Millionen- und Milliarden-Euro-Einkommen vollständig verbeitragt werden und von ihrem Gesamtbetrag ein fester Prozentsatz in die gesetzlichen Sozialversicherungskassen fließt, dann dürften die Einnahmen dieser Kassen förmlich explodieren. Dann werden für die große Mehrheit gleichzeitig mit geringeren Beitragszahlungen die Versicherungsleistungen massiv verbessert und Zusatzbeiträge, Krankenhaustagegelder, Rezeptgebühren usw. können der Vergangenheit angehören. Zurzeit fallen hohe Einkommen aus der Verbeitragung für die Sozialversicherungen nahezu vollständig heraus. Denn Bezieher von schwindelerregend hohen Einkommen, auch in Höhe von Millionen oder Milliarden Euro jährlich, zahlen aufgrund der sogenannten Beitragsbemessungsgrenze nur Beiträge in die gesetzliche Sozialversicherung, als wenn ihr monatliches Einkommen im Bereich von rund 5.000 (Kranken- und Pflegeversicherung) bzw. rund 7.000 EUR (Renten- und Arbeitslosenversicherung) läge.

Offenbar damit dieser empörende Zustand nicht auf allzu lächerliche Art und Weise jedem Menschen deutlich wird, der auch nur einen Augenblick damit in Berührung kommt, hat der Gesetzgeber außerdem die sogenannten Versicherungspflichtgrenzen eingerichtet, so dass Menschen, deren Einkommen eine gewisse Grenze überschreitet, sich sowieso schon pauschal aus den gesetzlichen Sozialversicherungen „abmelden“ und ihre Versorgung privat finanzieren können.

Dies muss mit der Unterstützung der Bevölkerung Geschichte werden. Die möglichen Effekte zugunsten der großen Mehrheit konnte man schon bei den Konzepten zu Sozialversicherungen im Programm der Partei DIE LINKE begutachten.

Diese Partei hatte dies jedoch nur isoliert als „solidarische Gesundheitsversicherung“ vorgestellt. Beispielsweise hatte ihre Bundestagsfraktion sie als Titelthema einer Ausgabe ihrer bundesweiten Zeitung KLAR beworben. Das konnte bei der Bevölkerung aber nur so ankommen, als ob es ein weiterer für DIE LINKE üblicher Aufruf zu Solidarität mit allem und jedem wäre, wobei die große Mehrheit das Gefühl hat, dass ihre Belange keine Rolle spielen. DIE LINKE versäumte es vollständig, der Bevölkerung in auch nur einer bundesweit verbreiteten Veröffentlichung deutlich zu machen, dass es um summa summarum jährliche Gesamtentlastungen von rund 2.000 EUR/Jahr ging.

Diese Aufgabe fällt unserer neuen, konsequent am Interesse der großen Mehrheit orientierten Formation zu. Wenn wir sie erfüllen, können es sich alle anderen Parteien in Zukunft schenken, in ihren Wahlkämpfen irgendwie das Wort „Entlastung“ in den Mund zu nehmen.

Die Gesamtentlastungen, die aus beiden Veränderungen – aus der Erhöhung des Grundfreibetrags der Einkommensteuer und aus den Korrekturen bei den Sozialversicherungen – resultieren, wurden im Konzept für Steuern und Sozialabgaben der LINKEN im Jahr 2017 deutlich. Sie wurden vor allem im Rahmen des leider auf Niedersachsen beschränkten Öffentlichkeitsprojekts „Das rechnet sich“ klar nachgewiesen. Dies und auch die Tabelle mit den Gesamtentlastungen für unterschiedliche Einkommensbereiche mit Stand des Jahres 2017 ist nach wie vor online:


Quelle: www.dasrechnetsich.org, Zahlen bezogen auf Alleinstehende, für Einzelheiten siehe Dokumentation auf der Website. (Die Zahlen beziehen sich auf das Steuerkonzept der LINKEN von 2017 im Vergleich zu den ebenfalls 2017 gesetzlich geltenden Abzügen vom Einkommen.)


9. Fixierung auf den Export und Ausbeutung der eigenen Bevölkerung:
Diese imperialistische Politik greifen wir im Interesse der großen Bevölkerungsmehrheit an

Dem Kapital ist es in den letzten Jahrzehnten in Deutschland gelungen, immer mehr die große Mehrheit zur Einkommensquelle des Staates zu machen und sich selbst so extrem zu entlasten, dass die Staatsfinanzen in fast allen Bereichen nicht im Entferntesten ausreichen.
Durch seine eigenen Entlastungen und die gleichzeitig bewirkte Lohndrückerei wurde das deutsche Kapital eine lange Zeit im internationalen Konkurrenzkampf für seine imperialistischen Ambitionen gestärkt. Es profitierte von konkurrenzlos niedrigen Lohnstückkosten und eine geringe Beteiligung an den Kosten der Infrastruktur (Bildung, Verkehr usw.). Deutschland war lange Zeit Netto-Export-Weltmeister.

Auf der anderen Seite kann von dem, was von der breiten Bevölkerung zu holen ist, nur noch ein Torso eines Sozialstaats finanziert werden. Das ist die Realität, mit der wir bisher konfrontiert sind.
Solidarität hat einen neuen Sinn bekommen und ist als Begriff vergiftet worden:
An erster Stelle steht der sich in der internationalen Konkurrenz durchsetzende Nationalstaat, also das Kapital, das nahezu gar nicht mehr zur Mitfinanzierung des Sozialstaats verpflichtet ist. Erst nachgelagert muss dann die „Solidarität“, also Infrastruktur und Sozialstaat durch die niedrig und normal Verdienenden finanziert werden, auch durch den Schnitt in ihr eigenes Existenzminimum. Kein Wunder, dass diejenigen mit Aufrufen zur Solidarität immer weniger erreichbar sind und zunehmend AfD und andere antisoziale Parteien wählen.

Wenn wir die Bevölkerung für eine Befreiung von ihrer Überbelastung gewinnen und die Einnahmequellen erschließen, die durch die Besteuerung von Unternehmen und Reichen, also die Besteuerung des Kapitals, aktivierbar sind, füllen wir nicht nur die öffentlichen Kassen. Wir entziehen gleichzeitig dem Kapital das Spielgeld, das es seit Jahrzehnten für den Aufkauf von Krankenhäusern, Wohnungsgesellschaften und abenteuerliche Finanzspekulationen verwendet hat. Daher könnten wir als konsequent antikapitalistische Formation die berechtigte Hoffnung haben, dass sich sehr viel von dem, was wir in den letzten Jahrzehnten leider erleben mussten, nicht mehr in der aktuellen Ausprägung wiederholen wird: Mietwucher, Krankenhausprivatisierungen ebenso wie Spekulationskrisen an den Börsen würde unser Programm entgegenwirken. Und die Finanzierung des vielbeschworenen „sozialökologischen Umbaus“ könnte endlich in den Bereich der Realisierbarkeit rücken. Die Umsetzung eines solchen, relativ einfachen Programms kann mit Unterstützung der Bevölkerung, jedoch nicht in Absprache mit SPD und GRÜNEN oder irgendwelchen anderen Kapitalparteien gelingen.

edgarschu

2 Kommentare

Elfi Padovan Veröffentlicht am12:29 - 21. August 2023

Danke, lieber Edgar,
da haben wir einen gemeinsamen Kummer mit der LINKEN, für die wir mit so viel Hoffnung angetreten waren.
Sahra muss unbedingt gründen!
Nicht verzweifeln.
Herzliche solidarische Grüße aus München
Elfi

Agnes Veröffentlicht am13:01 - 23. August 2023

Danke! Ein neuer Aspekt, warum dieser PV unfähig ist.